Als mein Mann und ich unseren gemeinsamen Haushalt gründeten, kam er mit diesem 2,1 Meter langen Ungetüm daher. Nie sah ich das Ding irgendwo anders als im Keller stehen. Zuerst am alten Ort, dann in der jetzigen Wohnung. Benutzt wurde es nie, doch es schien so etwas wie Heiligen-Status zu haben.
Mein Mann hatte mit diesen Skis Jahre bevor wir uns kennenlernten einmal eine Abfahrt gewonnen. Lange behauptete er, dieser Ski wäre auch in der Neuzeit noch schnell, er würde noch heute jeden der damaligen Weggefährten und Mitstreiter abtrocknen. Immer wieder sprach er davon, er würde mit diesem Ski nochmals einen Tag lang Skifahren gehen.
Dass es nicht mehr dazu kam, hat nicht nur damit zu tun, dass mein Mann vor einem Monat verstorben ist. Das Brett war schon lange nicht mehr zeitgemäss und wer jemals auf einem Carving-Ski gestanden ist, wird es sich nicht antun, solche “Pommes-Frites” zu fahren.
Als ich meinen Mann wenige Tage vor seinem Tod fragte, was ich denn mit dem alten Attenhofer machen solle, erwiderte er ohne lange nachzudenken: “Dä chasch vo mir us irgendnoime an e Wand nagle.” Auf Deutsch: Den kannst du meinetwegen irgendwo an eine Wand nageln.
Um dies zu tun, fehlt mir die seelische Verbundenheit zu dem alten Sportgerät. So schön ist es nun auch wieder nicht, auch nicht, nachdem ich es vom Staub der letzten zwei Jahrzehnte befreit habe.
Aber es hat während der Trauerfeier in der Kirche hervorragende Dienste als Fotoständer verrichtet.
Ich habe die Abfahrtslatten nach der Trauerfeier nochmals zurück in den Keller gestellt. Doch heute habe ich die Reissleine gezogen, eine Abfallmarke mobilisiert und den Ski mit einem letzten Gruss der Müllabfuhr mitgegeben.
Ich kann mir Deine Situation nicht einmal ansatzweise vorstellen, aber sich auch irgendwann von Dingen zu trennen erscheint mir wichtig.
LikeGefällt 1 Person
Ich denke, das gehört zum Loslassen. Manche Sachen fallen mir leicht zum weggeben, für gewisse Sachen bin ich noch nicht bereit, obschon ich davon ausgehe, dass ich mich zu einem späteren Zeitpunkt auch davon trennen werde.
LikeGefällt 2 Personen
Ich bin beeindruckt,
liebe Bea,
wie du die Latten erst ganz praktisch als Hilfe für die Erinnerungsbilder verwendet hast.
Und sie dann (beide?) mit einem ‚Tschüss!‘ weggeben konntest.
Danke für diese Lehre des ‚Loslassens‘!
Und einen herzlichen Gruss
Hausfrau Hanna
LikeGefällt 2 Personen
Liebe Hausfrau Hanna
Zum „Bilderständer“ fehlt mir jegliche emotionale Bindung. Die Skis haben eine Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart geschlagen. Aber nun haben sie einfach ausgedient.
Es wird Sachen geben, da werde ich mich wesentlich schwerer tun, um sie fortzugeben.
Grüessli
Bea
LikeGefällt 1 Person
Du versetzt mich nonstop in Staunen … Dein Kraft ist unfassbar 🙂
LikeLike
Ich bin einfach ein praktisch denkender Mensch. Und in meiner Wohnung ist zu wenig Platz, um ein Max-Museum einzurichten.
LikeGefällt 1 Person
Die Teile am Abschiedstag als Bilderhalter zu verwenden, finde ich, ist eine schöne Geste. Ob ich sie danach hätte entsorgen können, bezweifle ich. Wahrscheinlich hätten sie samt Bildern bei mir, so ich in Deiner Situation gewesen wäre, irgendwo einen Ehrenplatz bekommen. Aber jeder lässt sicher auf seine Weise los.
Einen lieben Gruß von der Silberdistel
LikeGefällt 1 Person
Die Bilder, liebe Frau Silberdistel, habe ich ja nicht auch gleich weggeworfen. Aber die wurden aus praktischen Gründen schon nach der Kirche wieder entfernt.
Es gibt Gegenstände, die meinem Mann gehört haben, an denen ich wesentlich mehr hänge, als an diesen alten Paar Skis.
Grüessli
Bea
LikeGefällt 1 Person
… es sagt viel 😊
LikeLike
Liebe Bea, was für eine schöne Geste.mit den Bildern an den Ski (o je, wie heißt da wohl die Mehrzahl?) – eine würdige letzte Nutzung. Nun gehen sie den Weg des Irdischen. Das ist sicher auch stimmig so. Dinge helfen manchmal beim Erinnern, aber wohl nur, wenn die eigene Erinnerung daran hängt. Du wirst sicher viele, viele schöne Erinnerungen an Eure gemeinsame Zeit und an Deinen Mann als Menschen haben. Ich wünsche Dir, dass Dich die schönen Erinnerungen immer begleiten.
Liebe Grüße
Nula
LikeGefällt 1 Person
Es ist genauso, wie du schreibst, da stehen noch diverse Dinge in unserer Wohnung rum, an die ich keine eigene Erinnerung habe. Sie werden ihren Platz bald räumen müssen.
Grüessli
Bea
LikeLike
Die besten Erinnerungen sind sowieso in dir drin. Und das ist auch der richtige Platz für sie.
LikeGefällt 1 Person
Meine eigenen Erinnerungen kann mir nicht nur niemand nehmen, ich muss sie auch nicht abstauben.
LikeGefällt 1 Person
ein schöner letzter Einsatz dieser Pommes.
LikeGefällt 2 Personen
Ja gäll, das fand ich auch. Max hätte sich gefreut. .
LikeLike
Loslassen und in die Zukunft blicken, ist immer gut, denn es hat noch nie etwas gebracht, sich an etwas zu klammern, was einem nichts bringt.
Dein Mann ist in deinem Herzen und da gehört er hin und nicht als Bild an alten Skis.
Und solange er in deinem Herzen wohnt, ist er auch immer lebendig.
Herzlichst, Roswitha
LikeLike