Kürzlich liess ich mich temporär nieder in einer echt schweizerischen Institution. Denn so englisch es auch tönen mag, “Tea Rooms” gibt es nur in der Schweiz. Zu meiner grossen Erleichterung wird in einem Tea Room allerdings auch Kaffee serviert.
In jenem Tea Room, dem eine Confiserie angegliedert ist und in dem ich mir ein überaus leckeres Himbeer Tartelette genehmigte, schien die Zeit still gestanden zu sein. Eben, in der Zeit, als man so ein Lokal noch Tea Room nannte und nicht Café, Coffee Lounge, Cafeteria oder wie auch immer.
Ich sass auf einer Polsterung aus leicht eingerissenem Kunstleder, unter den zahlreichen Lampenschirmchen heizten noch herkömmliche Halogen-Birnen und die Tapete war von einer derart düsteren Scheusslichkeit, dass ich unentwegt aus dem Fenster zu schauen gezwungen war. Aber das Himbeer Tartelette schmeckte ausgezeichnet.
Mein Kaffee, leider etwas durchsichtig ausgefallen, wurde serviert mit etwas Kaffeerahm in einem winzigen Edelstahl-Chrüegli. Die Gäste bestanden vorwiegend aus Damen im fortgeschrittenen Alter. Nun, da gehöre ich über kurz oder lang wohl auch dazu. Dennoch liess ich mir das Himbeer Tartelette schmecken.
In solchen Etablissements, mir kommt da gerade das traditionelle “Café Littéraire” an der Bahnhofstrasse Zürich in den Sinn, konnte man früher die Patisserie direkt am Tisch aussuchen. Mann waren das noch Zeiten, als man nachmittags in dem, was man damals als eine gepflegte Atmosphäre betrachtete, sein Cremeschnittchen mit einem silbernen Dessert-Gäbelchen möglichst ohne Landschaden zu zerlegen versuchte!
