Mit dem vielen Schnee war auch ihre Entscheidung gefallen: Herr und Frau Winter wollten wieder einmal Skiferien machen. Da ihr Outfit nicht mehr ganz zeitgemäss war und die Skikanten Flugrost angesetzt hatten, musste mehr oder weniger die gesamte Ausrüstung neu angeschafft werden.
Als erstes schritt Frau Winter zur Tat. Sie hatte sich in einen neckischen Zweiteiler mit Pelzbesatz an der Kapuze verliebt. Nicht ganz billig, dafür todschick. Herr Winter, ihre skifahrerischen Künste vor Augen, fand, dass dies die beste Möglichkeit für seine Frau sei, auf der Piste positiv aufzufallen. Deshalb, und vor allem auch dem Frieden zu Liebe, willigte er ein. Er selber hätte sich mit dem ausgeblichenen Anorak und der altbewährten SKA-Mütze zufrieden gegeben, doch seine Liebste weigerte sich, ihn in seinem „Ballenberg-Outfit“, wie sie es nannte, zu begleiten. Also suchte auch er sich neue Klamotten aus. Dazu für beide Winters farblich assortierte Skihemden, Funktionsunterwäsche, Carvingsocken und Handschuhe. Madame hätte gerne der Frisur zu Liebe auf einen Helm verzichtet. Aber beim Anblick der mit Svarovski-Steinchen verzierten Skibrille, die sooo gut zu einem schneeweissen Helm passte, änderte sie ihre Meinung schlagartig.
Nun waren Winters also skitauglich eingekleidet. Machen wir mal Kassensturz:
Anzug SIE 2’000.-
Anzug ER 1’000.-
4 Skihemden 500.-
Skiunterwäsche 300.-
4 Paar Socken 160.-
2 Paar Handschuhe 200.-
2 Helme 400.-
2 Skibrillen 400.-
Total 4’960.-
Als es darum ging, sich für ein Paar Skis zu entscheiden, musste Herr Winter resolut durchgreifen. Diesmal war es seine Frau gewesen, die gefunden hatte, die alten Bretter hätten es noch lange getan. „Nix da“, sagte er energisch, und liess sich vom Verkäufer über die gängigen Skimodelle beraten. Er kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Von „Taillierung“ und „Radius“ war früher nie die Rede gewesen. Er freute sich wie ein Schneekönig, dass er seine Skitechnik wieder einmal zum Besten geben konnte. Nun war er es, der nur das Feinste vom Feinsten wollte. Zu einem rassigen Ski gehörten selbstverständlich eine farblich passende Skibindung, Stöcke und Skischuhe. Letzte im Falle von Frau Winter mehr zum Skianzug denn zu den Füssen passend.
Nochmals Kassensturz:
2 Paar Ski mit Bindung 2’500.-
Skistöcke 200.-
2 Paar Skischuhe 1’200.-
Bekleidung (siehe oben) 4’960.-
Total 8’860.-
Fast neuntausend Franken hatte das ambitionierte Ehepaar also bereits ausgegeben, ohne jemals einen Blick auf geile Skipisten geworfen zu haben. Doch die ersten Schwünge sollten folgen, so sicher wie das Amen in der Kirche. Frau Winter wurde angehalten, eine passende Unterkunft zu suchen. Für 200 Franken pro Tag und Person buchte sie ein Hotelzimmer im Zentrum eines bekannten Skiorts. Frau Winter bemerkte nicht, dass ihrem Mann kurz der Kinnladen hängen blieb, als er den Preis hörte. Sie war in Hochstimmung – der Skiurlaub konnte kommen!
Am Tage X kämpften sich Winters über schneebedeckte Strassen ihrem Ferienziel entgegen. Als Herr Winter gleichentags den Skipass lösen wollte, wurde er etwas blass um die Nasenspitze. 365 Franken für einen Sechstages-Skipass erschien ihm etwas gar viel, insbesondere wenn er bedachte, dass seine Frau kaum vor 11.00 Uhr aus dem Haus zu bringen war. Missmutig blätterte er den Betrag hin, das Limit seiner Kreditkarte war längst erreicht.
Tags darauf stürzten sich zwei top ausgerüstete Skifahrer ins Abenteuer. Auf dem Gipfel angekommen, genossen sie zuerst das einmalige Panorama bei einem Kaffee mit Gipfeli (14.-). Aufgrund des bereits etwas gestressten Budgets assen sie am Mittag in der Selbstbedienung lediglich eine Gerstensuppe mit je drei Stück Brot. Auf ein Getränk verzichteten sie, irgendwo musste man ja sparen. Dafür schlugen sie am Nachmittag mit Kaffee und Bündner Nusstorte zu und auch den Après-Ski Drink an der Schirmbar liessen sie sich nicht nehmen. Als Herr Winter das Parkhausticket entwerten wollte, war er so blank, dass er gerade noch mit dem allerletzten Geld die 10 Franken zusammenbrachte. Er überlegte sich bereits, wie viel Geld er sparen könnte, wenn er für den gröbsten Hunger im Hotel ein Sandwich vom Frühstücksbuffet mitnahm.
Und die Moral von der Geschicht? Skifahren ist kein teures Hobby. Skifahren ist ein schweinisch teures Hobby. Aber wie sagte mein innig geliebter Mitbewohner, seines Zeichens Schneesportlehrer und mit dem ganzen Drum und Dran bestens vertraut, schon vor Jahren: „Wenn die Leute Skischuhe an den Füssen haben, spielt Geld keine Rolle mehr.“

Die Handlung und die Personen dieser Geschichte sind frei erfunden. Von den Preisen kann man das leider nicht behaupten.