Und schon wieder bin ich zusammen mit meinen Wanderfreunden unterwegs gewesen. Im Gegensatz zur letzten mehrtägigen Wanderung waren wir diesmal nicht von einer Unterkunft zur nächsten unterwegs, sondern haben in Pontresina unser Basislager etabliert. Wenn ich zurückblicke, fällt es mir schwer, zu sagen, welches denn nun die schönste Tagesetappe war.
War es der erste Tag
an dem wir nach der Anreise aus dem heissen Unterland erst mal tief durchatmeten, bevor es los ging?
Dies geschah auf der Bernina-Passhöhe. Den Weg dem Lago Bianco entlang mussten wir uns mit vielen Radfahrern und gemächlich spazierenden Mitgenossen teilen.
Bei der Abzweigung zu Sassal Mason trennte sich die Spreu vom Weizen.
Hinter dem Berghaus mit seinen mich an Trulli erinnernden Steinbauten öffnet sich der Blick zum Palü Gletscher.
Weiter ging es zur Alp Grüm, von wo aus der Gletscher sich nicht minder spektakulär präsentiert.
Spätestens jetzt weiss Anita sicher, um welche “Autobahn” es sich hier handelt.
Am Lago Bianco erwischte uns ein kurzer Regenschauer. Gerade lange genug, dass wir uns genötigt sahen, einen Regenschutz hervorholen.
Das war also unser erster Wandertag. Bereits sehr spektakulär. Mit 16 km Streckenlänge, 430 m Aufstieg und 610 m Abstieg eher von der gmögigen Sorte.
Würde Tag zwei mein Favorit werden?
Wir fuhren mit der 111 Jahre alten Muottas Muragl Bahn auf den berühmten Oberengadiner Aussichtsberg.
Was für ein Wetter, nachdem am Vorabend noch ein zünftiges Gewitter die 1.-August-Feier gespült hatte!
Die Panoramen folgen Schlag auf Schlag.
Der Weg führt an der Segantini-Hütte vorbei (die mit dem patriotischen WC-Häuschen….), unterhalb des Piz Languard durch bis zur Fuorcla Pischa.
So viele Steine an einem Tag hatte ich schon lange nicht mehr gesehen.
Bemerkenswertes am Wegesrand. Mal in Form von Rhätischem Alpenmohn.
Mal als Steinskulptur. Je nach Fantasie kann man sie als Fackel, Empire State Building, Kirchenturm oder Zipfelmütze interpretieren.
Nach langem Abstieg standen wir unten an der Talstation der Diavolezza-Bahn. Die Zeit reichte für einen Abstecher zum 2’973 m hohen Berghaus.
Dort ist man voll auf Touris eingestellt. Sogar Schnee wurde extra deponiert.
Der Ausblick – ein bedenklicher. Apere Gletscher. Das ewige Eis auf dem Weg in die Endlichkeit.
Das war dann also Tag zwei. Mit 16 km Streckenlänge, 740 m Höhenmeter im Aufstieg und 1’100 im Abstieg wesentlich weniger gemütlich als am Vortag.
Ich dachte, der dritte Tag würde das Filetstück unserer Touren sein.
Da wusste ich allerdings noch nicht, dass ich meinen schlechten Tag einziehen würde. Mit flauem Magen setzte ich mich am Morgen ins Postauto. Die kurvenreiche Fahrt über den Berninapass und durchs Val da Camp trug in keinster Weise zu meinem Wohlbefinden bei.
Bei der Ankunft bei der Saoseo Hütte muss ich wohl etwas blass um die Nasenspitze gewesen sein.
Aber zu diesem Saoseo-See hoch wollte ich schon lange. Und bis dorthin schaffte ich es auch. Doch dann musste ich die Anderen ziehen lassen.
Meine “Mühen” hatten sich gelohnt. Ein märchenhaft schöner See lag mir zu Füssen.
Nach ausgiebigem Staunen und Fotografieren ging ich zurück zur SAC-Hütte und entschied mich dort, den Weg an die Passstrasse zu Fuss anzugehen. Es wurde eine der längeren Stunden meiner Wanderkarriere.
Es sollte sich herausstellen, dass meine “Wanderung” doch noch 8 km lang wurde. Zum Glück ging es vorwiegend bergab. Mehr hätte ich in meinem Zustand nicht geschafft.
Tag drei wird also definitiv nicht als Königsetappe in mein Palmares eingehen.
Wird der vierte Tag den Sprung zuoberst aufs Podest schaffen?
Dieser Tag begann an der schweizerisch-italienischen Grenze, an der Forcola di Livigno.
Unverzüglich ging es bergan. Trotz leerem Magen konnte ich gut mithalten.
Nach 240 Höhenmeter Anstieg öffnete sich bei La Stretta der Blick ins Val da Fain.
Wir folgten dem Weg, der anfänglich nur ein Pfad, später eine Fahrstrasse ist, talauswärts. Unterwegs trafen wir viele Murmeltiere an.
Beats Geduld wurde belohnt. Hier eines seiner tollen Fotos:
Bei Bernina Suot erreichten wir die lärmige Bernina-Passstrasse.
Es gab dennoch auch Sehenswertes am Wegesrand.
Und wo Wasser fliesst, ist es ohnehin immer spektakulär. Badefreuden (aus der Zuschaueroptik) inklusive.
Nach der Einkehr bei der Station Morteratsch hatten die meisten von uns noch nicht genug und nahmen den Weg nach Pontresina gleich auch noch (im Laufschritt!) unter die Füsse.
So wurde eine 20 km lange Etappe daraus, die uns 240 m bergauf und 780 m bergab führte.
Bleibt noch Tag fünf
Da die Männer gestern den Heimweg angetreten hatten, gönnten wir vier Frauen uns am letzten Wandertag eine Ausplämperli-Tour.
Bei herrlich frischen Temperaturen starteten wir vor 9.00 Uhr ins Val Roseg. Wie würden wir in den kommenden heissen Tagen zu Hause diese Frische vermissen! Alle vier? Mitnichten, eine Dame griff nach kurzer Zeit zu Handschuhen und Ärmeli! Ich kommentiere das lieber nicht.
Ein angenehmer Weg mit diversen Kinder- und Touristen-Beschäftigungs-Posten führt 7 km ins Val Roseg hinein.
Das Hotel/Restaurant Roseg ist berühmt für sein Dessertbuffet. Bei unserer Ankunft wurde es gerade aufgebaut.
Wer hätte da widerstehen können? Bei solcher Aussicht können wir so schnell nicht wieder Kaffee und Kuchen geniessen.
Und weil wir heute gänzlich auf der Touristen-Schiene fuhren, liessen wir uns gemütlich in der Kutsche zurück nach Pontresina schaukeln.
Der Weg ins Val Roseg ist 7 km lang und steigt 270 m an. Er ist SEHR stark frequentiert, sei es von Spaziergängern, Wanderern, Velofahrern oder Pferdegespannen. Für letztere zwei steht eine separate Fahrstrasse zur Verfügung.
Das waren sie dann, diese fünf Touren im Oberengadin. Ich will und kann hier nicht werten, welches die schönste Tour war. Auf ihre Art war jede schön.
Mein herzlicher Dank geht an Barbara für die Idee und Organisiation dieser Touren. Ebenso an Margrit, die uns mit ihrem Lokalwissen zur Seite stand. Und natürlich auch an Klara, Beat und Georges, die alle auf ihre Art zum Gelingen dieses Mehrtägers beigetragen haben.
Ich freue mich schon aufs nächste Jahr!
Zahlreiche weitere Fotos und Informationen zu diesen Wanderungen finden sich unter diesen Links:
Tag 1 *** Tag 2 *** Tag 3 *** Tag 4
Pingback: Vier Wandertage in Pontresina (Berninagebiet / Puschlav) – Wandern mit Freunden
Das Sassal Mason steht auch ganz zuoberst auf meiner ToDo-Liste für dieses Jahr. Wir werden im September in der Region sein, hoffentlich macht das Wetter dann mit. Dank deinen Bildern habe nun noch mehr Lust drauf bekommen!
Du machst da ganz gewaltige Touren in letzter Zeit, für mich wäre das wohl zuviel. Ein Tag wäre wohl möglich, aber nicht grad ein paar hintereinander. Unsere damalige Wanderung von Sfazù zum Lagh da Saoseo und zurück war jedenfalls eine ganz normale Tagestour für uns.
Gruss vom Werner und Timi
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Stell dein Licht nicht so unter den Scheffel, du gehst so viel wandern, dass du mindestens so fit bist wie ich. Wir wandern einfach nicht zur gleichen Tageszeit…
Grüessli
Bea
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Der Saoseo-See, der schönste See des Engadins (Originalausspruch meiner Mutter). Ich pflichte ihr bei. Natürlich musste ich sie anrufen, um herauszufinden, auf welchen Bergen, in welchen Tälern, zu welchen Hütten und um welche Seen wir damals vor 40-50 Jahren jetzt auch schon wieder gewandert seien. Irgendwie kommt mir alles bekannt vor, einiges mehr, anderes weniger. Du hast mir mit den Tagesberichten grosse Freude gemacht. Hoffentlich gibt es bald eine Fortsetzung… soll ich dir eine Wunschliste machen?
PS. Wir mussten damals auf ALLE Berge hochkraxeln, denn die Bergbahnen hatten während der Herbst- und Frühlingsferien wegen Revision IMMER geschlossen!
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In erster Linie, liebe Anita, habe ich die Wanderungen meinetwegen absolviert. 🙂 Wenn ich dir aber mit den Bildern eine Freude machen konnte, umso schöner.
Kleine Korrektur zum Saoseo-See: Der gehört den Puschlavern.
Um die Sommersaison anzukurbeln, kann man in vielen Touristenorten ab zwei Nächten die Bergbahnen gratis benutzen. So auch im Engadin. Dieses ist bis in den nächsten Sommer hinein abgehakt. Nicht nur, weil es zu weit weg ist, es gibt auch noch andere schöne Wandergebiete in unserem Land.
Grüessli
Bea
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